Aus dem CfP- der FG Game Studies/ Universität Innnsbruck: Die Konferenz “Spielgeschichte(n)” ist der Frage nachgegangen, wie sich unser Verständnis vom Spiel im Allgemeinen und vom Computerspiel im Besonderen konstituiert – sei es als Freizeitbeschäftigung, kulturelles Artefakt oder als wissenschaftlicher Gegenstand. Der besondere Fokus liegt dabei darauf, welche Rolle Geschichten über Spiele einnehmen und wie sich aus diesen Einzelgeschichten eine Idee von Spiel und eine Medienkulturgeschichte des Spiels formt.
Wir durften unsere Forschung zu „Benefits of Gaming History – Nutzen aus der Spielgeschichte“ vorstellen.
Das Begriffspaar Spiele und Geschichte(n) ist schon vielfach zusammengedacht worden, verbirgt aber gerade in den Game Studies eine Vielzahl an Fallstricken und Komplexitäten. So gilt der Konflikt zwischen den Narratolog:innen (Murray, Ryan, Jenkins) und Ludologen (Aarseth, Frasca, Eskelinen) als zentraler Teil der Fachgeschichte der Game Studies. An der Oberfläche drehte sich die Debatte um die Frage, ob Spiele als Medium überhaupt Geschichten erzählen können oder dies ihre primäre Funktion sei. Seitdem verlagerte sich jedoch die Aufmerksamkeit der Spieleforschung auf Fragen danach, welche Geschichten erzählt werden und wie sie im medialen Dispositiv (Computer-)Spiel eingebettet sind. Insbesondere von Seiten der Geschichtswissenschaft gibt es heute eine breite Reflexion darüber, wie Historie in (Computer‑)Spielen verhandelt wird (Chapman, Houghton, Mol, u. v. m.). Diese Thematiken sollen aber nicht primär Gegenstand der Tagung sein.
Stattdessen soll im Rahmen der Konferenz “Spielgeschichte(n)” eine weitere, bisher unterrepräsentierte Perspektive eingenommen werden. Nicht, welche Geschichten Spiele erzählen, sondern welche Geschichten über Spiele erzählt werden, soll im Fokus stehen. Wer erzählt sie und wie konstruiert sich aus diesen einzelnen Erzählungen eine Mediengeschichte des Spiels? Oft wird in den Game Studies Computerspielgeschichte als reine Fortschritts- und Technikgeschichte verhandelt, die sowohl den vergleichenden Blick auf analoge und prädigitale Spielformen versperrt als auch die kulturelle und gesellschaftliche Stellung und Wirkung von Spielen oft außen vor lässt. Nur wenige Autor:innen (Pias, Freyermuth, Nohr) haben sich bisher an eine solche erweiterte Medienkulturgeschichte des Spiels gewagt.
Welche verschiedenen Geschichten können und wurden bisher von den einzelnen geisteswissenschaftlichen Disziplinen erzählt? Und wie verhalten sie sich zu Spielhistoriographien etwa der Sozial- und Technikwissenschaften? Wo liegen die kulturhistorischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Wie entstand die Erzählung der Geschichte der Game Studies? Inwiefern sind die von den Einzeldisziplinen erzählten Geschichten über und von Spielen Begründungsfiguren für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Spielen? Gerade in den Game Studies kann und muss ein solches Projekt den interdisziplinären Austausch befeuern und fördern.
Genauso kann aber auch die Frage danach in den Blick genommen werden, seit wann Spielen und Spiele überhaupt als geschichtsträchtiger Gegenstand wahrgenommen werden. Eng damit verbunden sind Überlegungen zur Ausstellbarkeit von analogen wie digitalen Spielen und welcher kulturhistorische Stellenwert ihnen durch diverse museale Praktiken beigemessen wird. Nicht zuletzt dadurch wird der Blick auch auf populäre Geschichten des Spiels eröffnet. Denn neben Museum und Universität gibt es weitere Akteur:innen, die Interesse an einer eigenen Geschichtsschreibung sowie Kanonbildung haben. Dazu gehören bspw. die Entwickler:innen und Publisher selbst, professionelle Rezensent:innen sowie Blog- und Spielcommunities. Wie verhalten wir uns als Wissenschaftler:innen dazu, dass die von uns erzählte Version von Spielgeschichte entweder institutionelle Verankerung oder auch Herausfallen aus dem akademischen Kontext bedeuten kann?